Die Eingruppierung von „sonstigen Beschäftigten“ bereitet in der Praxis immer wieder Probleme. Das Landesarbeitsgericht (kurz: LAG) Baden-Württemberg hat in einer instruktiven Entscheidung dargestellt, wie die Eingruppierung zu prüfen ist. Im konkreten Fall ging es um eine Altenpflegerin, die als Heilerziehungspflegerin tätig war.
Das LAG Baden-Württemberg entschied, dass die Eingruppierung einer Altenpflegerin in der Tätigkeit einer Heilerziehungspflegerin als „sonstige Beschäftigte“ im Sinne der Entgeltgruppe S 8b erfordert, dass sie über gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen wie eine staatlich anerkannte Heilerziehungspflegerin verfügt.
Der Sachverhalt
Eine Altenpflegerin war seit dem Jahr 1988 bei der Beklagten, das als Unternehmen des Kommunalverbands für Jugend und Soziales Baden-Württemberg eine Trägerin der Behindertenhilfe ist, beschäftigt. Die Klägerin wurde zu Beginn ihrer Beschäftigung in verschiedenen Wohngruppen als Pflegehelferin eingesetzt. Nach der Geburt zweier Kinder sowie anschließendem Erziehungsurlaub absolvierte sie eine Ausbildung zur Altenpflegerin und wurde schließlich als Gruppenleiterin in einer Gruppe im Bereich SGB XI, einem Bereich, in dem schwerstbehinderte pflegebedürftige Menschen versorgt werden, beschäftigt.
Im Jahr 2011 erfolgte der Wechsel in den Bereich SGB IX, wo behinderte Menschen bis max. zum Pflegegrad 3 betreut werden. Der große Unterschied besteht in der Praxis dadurch, dass im Bereich SGB XI eine ständige Nachtwache benötigt wird, während im Bereich SGB IX eine dezentrale Rufbereitschaft ausreicht. Damals vereinbarte man, dass die Klägerin ihre Funktion als Gruppenleiterin abgebe und künftig nach der Vergütungsgruppe Kr 7a Stufe 5 der Kr-Anwendungstabelle TVöD vergütet werde. Zum 01.01.2017 erfolgte ihre Überleitung in die Entgeltgruppe (EG) P 7 Stufe 6. Zudem nahm die Pflegerin seit 2011 an zahlreichen Fortbildungskursen teil, die den Umgang mit behinderten Menschen zum Inhalt hatten.
Ende 2020 machte die Klägerin ihre Eingruppierung nach der Entgelttabelle für den Sozial- und Erziehungsdienst geltend. Nachdem die Beklagte dies ablehnte, klagte sie auf Vergütung nach EG S 8b, hilfsweise S 8a. Sie begründete dies damit, dass sie zwar keine ausgebildete Heilerziehungspflegerin sei, jedoch sonstige i. S. d. EG S 8b, da sie aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausübe.
Anforderungen an „sonstige Beschäftigte“
Das LAG Baden-Württemberg gab der Klage statt. Es entschied, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab Januar 2021 eine Vergütung nach der EG S 8b zu gewähren.
Das Gericht vertritt die Auffassung, dass die Klägerin als „sonstige Beschäftigte“ i. S. d. EG S 8b Fallgruppe 1 der Entgeltordnung (TVöD-VKA) zu qualifizieren ist. Weiter führte es aus, dass die Eingruppierung einer Altenpflegerin in der Tätigkeit einer Heilerziehungspflegerin als „sonstige Beschäftigte“ erfordert, dass sie über gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen wie eine staatlich anerkannte Heilerziehungspflegerin verfügt. Dagegen sei der Erwerb von Fähigkeiten und Erfahrungen auf einem eng begrenzten Teilgebiet des Aufgabenbereichs einer Heilerziehungspflegerin nicht ausreichend.
Dass die Klägerin die in den EG S 8b bzw. 8a geforderten Ausbildungsvoraussetzungen nicht erfüllte, war aus Sicht des Gerichts unstrittig. Die Gleichwertigkeit der erworbenen Fähigkeiten und Erfahrungen ergaben sich nach Auffassung des LAG jedoch daraus, dass die Ausbildungen zur Altenpflegerin und zur Heilerziehungspflegerin deutliche Überschneidungen aufwiesen, die Klägerin seit dem Jahr 2011 zahlreiche einschlägige Fortbildungen absolviert und sie im Jahr 2021 die erforderliche Nachqualifizierung als Fachkraft erworben habe und sie rund zehn Jahre im Aufgabengebiet einer Heilerziehungspflegerin tätig gewesen sei.
Ausübung einer „entsprechenden Tätigkeit“
Auch übte die Klägerin nach Auffassung des LAG eine „entsprechende Tätigkeit“ aus. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei eine „entsprechende Tätigkeit“ im Tarifsinn anzunehmen, wenn sich die auszuübende Tätigkeit auf die konkrete Fachrichtung der jeweils erforderlichen Ausbildung beziehe und sie die durch die Ausbildung erworbenen Fähigkeiten gerade erfordere. Nicht ausreichend sei es dagegen, wenn die entsprechenden Kenntnisse des Beschäftigten für den übertragenen Aufgabenbereich lediglich nützlich oder erwünscht seien. Auch dies lag bei der Tätigkeit in der Wohngruppe für behinderte Menschen vor (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.01.2023, 1 Sa 12/22).