Seit 2019 sind die Behörden in der EU verpflichtet, ihre Internet-Präsenzen möglichst schnell vollständig barrierefrei zu gestalten. Dem aktuellen Monitoring-Bericht zufolge erfüllt jedoch keine einzige der 1.900 geprüften Onlinepräsenzen die gesetzlichen Anforderungen an die Barrierefreiheit vollständig. Dies gilt insbesondere für die Websites der Kommunen.
Leichte Sprache auf barrierefreien Websites
Ein Merkmal barrierefreier Seiten ist, dass ihre Inhalte auch in sog. „Leichter Sprache“ verfügbar sind, damit sie auch von Menschen gelesen und verstanden werden können, die komplexere Texte und Informationen nicht verstehen können. Schätzungen zufolge benötigen ca. 7,5 Millionen Menschen in Deutschland aufgrund verschiedener Behinderungen einen solchen Service. Jeder Webauftritt sollte so zum Beispiel auf der Startseite einen Link zu einer Start- bzw. Übersichtsseite in Leichter Sprache haben. Diese Übersichtsseite soll ihnen in einfachen Worten und kurzen Sätzen erklären, welche Aufgaben die jeweilige Verwaltung hat, welche Dienste sie anbietet und wie diese Dienste in Anspruch genommen werden können.
Anforderungen der BITV 2.0
Seit dem 25. Mai 2019 sind Bundesbehörden und viele öffentliche Einrichtungen auf Landes- und kommunaler Ebene laut der Barrierefreien-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) verpflichtet, ihre Internetpräsenzen barrierefrei zu gestalten. Auch müssen alle EU-Mitgliedstaaten alle drei Jahre stichprobenartig überprüfen, inwieweit die Websites und die mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen den gesetzlichen Barrierefreiheitsanforderungen genügen.
Was sind die wichtigsten Anforderungen der BITV 2.0?
- Es müssen Alternativen für Nicht-Text-Inhalte bereitgestellt werden, die an die Bedürfnisse der Nutzer angepasst werden können.
- Die Inhalte müssen so gestaltet werden, dass sie ohne Informations- oder Strukturverlust in verschiedenen Weisen dargestellt werden können.
- Die Wahrnehmung des Inhalts sowie die Unterscheidung zwischen Vorder- und Hintergrund ist für Nutzer so weit wie möglich zu erleichtern
- Alle Funktionalitäten müssen per Tastatur bedienbar sein.
- Den Nutzern muss genügend Zeit zur Verfügung stehen, um Inhalte gründlich zu lesen und verwenden.
- Die Inhalte müssen so aufbereitet sein, dass keine epileptischen Anfälle ausgelöst werden
- Es müssen Orientierungs- und Navigationshilfen sowie Hilfen zur Verfügung gestellt werden, mit denen jeder Nutzer Inhalte problemlos finden kann.
- Alle Texte müssen gut lesbar und verständlich gestaltet werden.
- Der Aufbau und die Anwendungen der Webseiten müssen so gestaltet sein, dass sie intuitiv zu bedienen sind.
- Es müssen vor allem für Benutzung von Online-Formularen genügend Hilfen zur Verfügung stehen, um Fehler zu vermeiden oder zu korrigieren.
Das größte Problem bei Websites
Der Monitoring-Bericht sah das größte technische Defizit bei der Verwendung von HTML-Strukturelementen. Fehler in diesem Bereich gehen auf Kosten der sog. „Robustheit“ der Website. „Robustheit“ bedeutet, dass die Website kompatibel mit anderen Browsern und ausreichend gegenüber unterschiedlichen Displaygrößen ist. Ist dies nicht der Fall, können assistierende Technologien die Inhalte nicht richtig wiedergeben.
Websites von Kommunen mit viel Nachholbedarf
Konzerne und große Tech-Unternehmen bieten schon seit geraumer Zeit barrierefreie Versionen ihrer Websites an. Ihr Vorteil: Sie verfügen über das entsprechende Personal und Kapital zur Umsetzung. Auf Bundes- und Landesebene, wo verhältnismäßig mehr Ressourcen zur Verfügung stehen als auf unteren Verwaltungsebenen, weisen die Webauftritte daher auch weniger Defizite auf. Ganz anders sieht das aber bei den Kommunen aus, wo die benötigten Kapazitäten sehr oft fehlen. Besonderer Handlungsbedarf bestehe laut dem Monitoring-Bericht bei den Webpräsenzen aller Verwaltungsträger vor allem bei Inhalten in Leichter Sprache.
Der nächste Bericht soll 2024 veröffentlicht werden.