Wenn ein Elternteil wegen eines kranken Kindes nicht zur Arbeit gehen kann, sind Arbeitgeber grundsätzlich zur Freistellung des Beschäftigten verpflichtet. Doch was gilt hinsichtlich der Entgeltfortzahlung?
Nach § 616 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltortzahlung, wenn sie für eine „verhältnismäßig nicht erhebliche“ Zeit ihre Arbeitsleistung nicht erbringen können aus Gründen, die nicht in ihrer Person – etwa, weil sie zur Pflege eines Kindes zu Hause bleiben müssen.
Wann Anspruch auf bezahlte Freistellung besteht
Der Gesetzgeber hat keine konkreten Angaben dazu gemacht, was unter der Formulierung „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ zu verstehen ist. Im Allgemeinen leitet man aus einer Parallele zu § 45 SGB V einen Zeitraum von bis zu zehn Tagen ab, die Arbeitnehmer der Arbeit fernbleiben dürfen, ohne ihren Entgeltanspruch zu verlieren.
Wann kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht
Allerdings ist in vielen Arbeitsverträgen die Vergütungspflicht nach § 616 BGB ausgeschlossen. In diesem Fall besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung für die Pflege eines kranken Kindes – auch nicht für eine nur kurze Zeit. Der Anspruch ist jedoch auch regelmäßig Gegenstand von Tarifverträgen und kann dort verbindlich festgeschrieben werden. Im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) findet sich eine entsprechende Regelung in § 29 Abs. 1e, Unterabsatz bb, wonach bei einer schweren Erkrankung eines Kindes, das das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ein Freistellungsanspruch auf bis zu vier Arbeitstage im Kalenderjahr besteht.
Unterscheidung zwischen Arbeitnehmern und Auszubildenden
§ 616 BGB gilt hingegen nicht für Auszubildende. Für sie ergibt sich ein Anspruch auf bezahlte Freistellung von der Arbeitsleistung aus den §§ 3, 19 Berufsbildungsgesetz (BBiG). Auszubildende haben damit einen bis zu sechs Wochen dauernden Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn sie aus einem sonstigen, nicht in ihrer Person liegenden Grund verhindert wird, ihre Pflichten aus dem Berufsausbildungsverhältnis zu erfüllen. Die Paragrafen bilden also das Pendant zu § 616 BGB für Arbeitnehmer.
Anspruch auf Kinderkrankengeld
Ist eine Anwendung von § 616 BGB vertraglich ausgeschlossen, springt bei gesetzlich versicherten Arbeitnehmern die Krankenkasse ein. Ist das erkrankte Kind bei den Eltern mitversichert, haben diese Anspruch auf Kinderkrankengeld unter Freistellung von der Arbeitspflicht. Für die Fortzahlung des Arbeitsentgelts oder von Krankengeld müssen u.a. folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Es muss eine ärztliche Bescheinigung vorliegen, aus der hervorgeht, dass der Beschäftigte zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege eines erkrankten Kindes der Arbeit fernbleiben muss.
- Eine andere im Haushalt des Mitarbeitenden lebende Person kann die Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege nicht übernehmen.
- Das erkrankte Kind ist unter zwölf Jahre alt. Diese Altersgrenze gilt jedoch nicht, wenn das Kind behindert oder auf Hilfe angewiesen ist.
Anspruchsdauer und Höhe von Kinderkrankengeld
Seit dem 1.1.2024 gilt eine befristete Erhöhung der Anspruchsdauer. So haben für die Jahre 2024 und 2025 gemeinsam erziehende Elternteile Anspruch auf 15 Tage Kinderkrankengeld für jedes Kind je Elternteil. Alleinerziehende können derweil bis zu 30 Tage in Anspruch nehmen. Jedoch existiert eine Obergrenze hinsichtlich der Anspruchsdauer: Gemeinsam erziehende Eltern können pro Elternteil insgesamt 35 und Alleinerziehende maximal 70 Arbeitstage geltend machen.
Bei Vorliegen der erwähnten Voraussetzungen erhalten Eltern 90 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts, bei Bezug von Einmalzahlungen in den der Freistellung von Arbeitsleistung vorangegangenen zwölf Kalendermonaten 100 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts (§ 45 Abs. 2 Satz 3 SGB V). Dieser Anspruch kann auch nicht wie der nach § 616 BGB vertraglich ausgeschlossen werden. Bestehen im Einzelfall tarifliche Vereinbarungen, nach denen Arbeitnehmer die Differenz zwischen Krankengeld und Nettolohn erhalten oder das Alter der Kinder höher angesetzt ist als zwölf Jahre (wie in einigen Metall-Tarifverträgen), sollte die Krankenkasse in jedem Fall darauf hingewiesen werden.
Krankes Kind: Anzeige- und Nachweispflicht des Arbeitnehmers
Parallel zur Rechtslage bei der eigenen Erkrankung (vgl. § 5 Abs. 1 S. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz) muss der Beschäftigte dem Arbeitgeber auch im Fall der Betreuung erkrankter Kinder unverzüglich mitteilen, dass und wie lange er voraussichtlich ausfällt. Der Dienstherr hat Anspruch darauf, frühzeitig zu erfahren, dass der Arbeitnehmer nicht zur Arbeit erscheint, damit entsprechend umgeplant werden kann. Auf Verlangen muss dem Arbeitgeber auch eine ärztliche Bescheinigung vorgelegt werden.
Verstöße gegen diese Anzeige- und Nachweispflicht berechtigen den Dienstherrn – ebenso wie im Fall der eigenen Erkrankung des Arbeitnehmers – zur Abmahnung. Bei wiederholt erfolgloser Abmahnung könnte auch eine verhaltensbedingte Kündigung in Betracht kommen.
Übertragung von freien Tagen des anderen Elternteils
Hat ein Elternteil die ihm zustehenden zehn Tage bereits ausgeschöpft, kann es die zehn Tage des anderen Elternteils auf sich übertragen lassen – vorausgesetzt beide Arbeitgeber sind damit einverstanden. Denn einen gesetzlichen Anspruch gibt es darauf nicht.