Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass die Korrektur einer seit Beginn der Tätigkeit zu niedrigen Eingruppierung keine Höhergruppierung im Sinne des § 17 Abs. 4 TVöD darstellt (BAG, Urteil vom 08.12.2022, 6 AZR 459/21).
Die Klägerin ist seit dem 1. Januar 2017 bei der beklagten Stadt im Gemeindevollzugsdienst und in der Sekretariatsvertretung beschäftigt. Sie wurde zunächst nach der Entgeltgruppe (EG) 7, Stufe 3 vergütet. Die Stadt lehnte ihr Begehren einer Eingruppierung in die EG 9a, Stufe 3 zwar ab, vergütete die Klägerin jedoch rückwirkend seit dem 1. September 2017 nach EG 8, Stufe 3. Sie erhob jedoch eine Feststellungsklage, da sie weiterhin ein Entgelt nach EG 9a, Stufe 3 verlangte.
Diese hatte vor dem Arbeitsgericht Erfolg. Die Beklagte legte jedoch hiergegen Berufung ein. Die Stadt verpflichtete sich einem vor Gericht geschlossenen Vergleich, der Klägerin ab dem 1. Juni 2018 ein Entgelt nach EG 9a, Stufe 3 zu zahlen. Da man sich jedoch zum Beginn der Stufenlaufzeit bis zur Stufe 3 nicht einigen konnte, verlangte nun die Klägerin mit ihrer Klage Vergütung nach EG 9a, Stufe 4 seit dem 1. Januar 2020.
BAG: Zwei Fallgestaltungen bei der Korrektur einer Eingruppierung
Das BAG befand die Revision für teilweise begründet und wies die Sache an das Landesarbeitsgericht (LAG) zurück.
Laut dem BAG habe trotz des gerichtlichen Vergleichs zum 1. Juni 2018 keine Höhergruppierung gemäß § 17 Abs. 4 Satz 2 TVöD stattgefunden habe, die den tariflichen Beginn der Stufenlaufzeit in Stufe 3 der EG 9a ausgelöst hätte. Der Begriff der „Höhergruppierung“ werde in den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes entsprechend dem allgemeinen Wortgebrauch meist im Sinne einer dauerhaften Übertragung von Tätigkeiten einer höheren Entgeltgruppe verwendet.
Deshalb müsse nach Auffassung des BAG bei einer Korrektur der Eingruppierung zwischen zwei Fallgestaltungen differenziert werden:
- Keine Höhergruppierung im Tarifsinne liege vor, wenn Beschäftigte aufgrund einer falschen Bewertung der – unveränderten – Tätigkeit durch den Arbeitgeber schon seit der Einstellung Irrtümlich nach einer niedrigeren Entgeltgruppe vergütet worden seien und der Arbeitgeber diesen Fehler korrigieren wolle. Aufgrund der Tarifautomatik (§ 12 TVöD) habe sich der Beschäftigte in diesem Fall eingruppierungsrechtlich schon seit dem Zeitpunkt, in dem die tariflichen Eingruppierungsmerkmale der höheren Entgeltgruppe erfüllt gewesen seien, in der höheren Entgeltgruppe befunden und habe daher seit diesem Zeitpunkt ununterbrochen Berufserfahrung erworben. In dieser Konstellation sei der Beschäftigte nach der Korrektur der Eingruppierung derjenigen Stufe zuzuordnen, die der Zeit dieser Tätigkeit entspreche. Die Stufenzuordnung richtet sich dann nach § 16 TVöD.
- Von dieser Fallgestaltung sei eine nach der Einstellung, d. h. im Laufe des Beschäftigungsverhältnisses aufgrund einer Tätigkeits- oder Regelungsveränderung eingetretene Eingruppierung, die nicht umgesetzt worden sei, zu unterscheiden. Wenn die Tarifautomatik umgesetzt und die sog. „korrigierende Höhergruppierung“, die sich nach § 17 Abs. 4 TVÖD richte. Die Korrektur wirke dann auf das Datum der Übertragung der Tätigkeit bzw. der Erfüllung des Tätigkeitsmerkmals zurück, sodass auch die Stufenlaufzeit rückwirkend ab dem Zeitpunkt der Höhergruppierung beginne.
Nun ist seitens des LAG unter Berücksichtigung der Darlegungs- und Beweislast der Klägerin zu klären, in welcher Entgeltgruppe die Klägerin seit dem 1. Januar 2017 eingruppiert gewesen ist. Erst dann kann die Frage beantwortet werden, zu welchem Zeitpunkt die Stufenlaufzeit nach § 16 TVöD begonnen hat.
§ 17 Abs. 4 TVöD
(4) Bei Eingruppierung in eine höhere Entgeltgruppe aus den Entgeltgruppen 2 bis 14 der Anlage A (VKA) werden die Beschäftigten im Bereich der VKA der gleichen Stufe zugeordnet, die sie in der niedrigeren Entgeltgruppe erreicht haben, mindestens jedoch der Stufe 2. Die Stufenlaufzeit in der höheren Entgeltgruppe beginnt mit dem Tag der Höhergruppierung. Bei einer Eingruppierung in eine niedrigere Entgeltgruppe ist die/der Beschäftige der in der höheren Entgeltgruppe erreichten Stufe zuzuordnen, die in der bisherigen Stufe zurückgelegte Stufenlaufzeit wird auf die Stufenlaufzeit in der niedrigeren Entgeltgruppe angerechnet. Die/Der Beschäftigte erhält vom Beginn des Monats an, in dem die Veränderung wirksam wird, das entsprechende Tabellenentgelt aus der in Satz 1 oder Satz 3 festgelegten Stufe der betreffenden Entgeltgruppe.