Viele Beschäftigte arbeiten mit vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten betrieblichen E-Mail-Konten. Doch aus dieser Nutzung ergeben sich sowohl für den Arbeitnehmer als auch für die Organisation einige datenschutzrechtliche Fragen: Darf der Arbeitgeber auf die betrieblichen E-Mail-Konten zugreifen und betriebliche E-Mails mitlesen? Dürfen betriebliche E-Mail-Konten auch für die private E-Mail-Korrespondenz verwendet werden? Hat der Arbeitgeber dann auch das Recht, private E-Mails einzusehen oder unterliegen E-Mails, deren Inhalte ja immer personenbezogen sind, grundsätzlich dem Datenschutz und sind damit unantastbar?
Zu beachten ist: Ein Arbeitgeber darf nicht grundlos und auch nicht dauerhaft auf die E-Mails seiner Mitarbeiter zugreifen. Es muss dafür immer sowohl eine Rechtsgrundlage vorhanden sein als auch eine Verhältnismäßigkeitsprüfung sowie eine Interessenabwägung durchgeführt werden.
Auch müssen die Grundrechte berücksichtigt werden. Der Zugriff auf E-Mail-Postfächer stellt immer auch eine Verarbeitung personenbezogener Daten dar, weshalb auch das Datenschutzrecht Anwendung findet. Grundsätzlich geschützt sind betriebliche E-Mails im Gegensatz zu privaten E-Mails aber nicht. Dagegen sind private E-Mails in betrieblichen E-Mail-Konten immer ein Datenschutzproblem: Es sollten daher klare Regelungen vereinbart werden, damit die Situation für die Organisation und die Beschäftigten transparent und eindeutig ist.
Arbeitgeber darf betriebliche E-Mail-Konten eingeschränkt einsehen
Wenn eine Organisation ihren Mitarbeitern E-Mail-Konten zur Verfügung stellt, dürfen diese nur für betriebliche Zwecke genutzt werden. In diesem Fall hat der Arbeitgeber ein eingeschränktes Einsichtsrecht. Er darf die E-Mails mitlesen und anderen Beschäftigten die Nutzung der betrieblichen E-Mail-Konten ermöglichen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass betriebliche Umstände dies erforderlich machen. Dies trifft z. B. dann zu, wenn Mitarbeiter durch Krankheit ausfallen oder für längere Zeit im Urlaub sind.
Um den Fortgang der betrieblichen Abläufe weiterhin sicherzustellen, müssen die E-Mails abwesender Mitarbeiter auch von anderen Mitarbeitern bearbeitet werden können. Um dies zu gewährleisten, darf der Arbeitgeber sich Zugriff auf die betrieblichen E-Mail-Konen abwesender Mitarbeiter verschaffen (vgl. LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16.02.2011, Az. 4 Sa 2132/10).
Der Arbeitgeber darf darüber hinaus stichprobenartig auf betriebliche E-Mail-Konten zugreifen – etwa um Kontrollmaßnahmen der Leistungsbeurteilungen vornehmen zu können. Jedoch müssen die Mitarbeiter vorher über die geplante Durchführung dieser Maßnahmen sowie deren Umfang informiert worden sein. Die Mitteilung kann dabei auch in Form einer Betriebsvereinbarung erfolgen.
Die systematische und lückenlose Überwachung ist verboten: Der Arbeitgeber muss immer eine Rechtsgrundlage für Kontrollmaßnahmen haben und es muss geprüft werden, ob nicht mildere Mittel zur Verfügung stehen, um die gleichen Ziele zu erreichen (vgl. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urt. v. 05.09.2017, Az.: 61496/08).
Das Mitlesen privater E-Mails ist dem Arbeitgeber verboten
Wenn die private Nutzung betrieblicher E-Mail-Konten nicht ausdrücklich erlaubt oder vertraglich vereinbart ist, ist sie verboten. Das hat allerdings nicht zur Folge, dass Arbeitgeber im Rahmen ihres eingeschränkten Zugriffsrechts private Mails, die trotzdem über die betrieblichen E-Mail-Konten versendet und empfangen werden, mitlesen dürfen. Ob erlaubt oder nicht – der Zugriff des Arbeitgebers auf private E-Mails ist in jedem Fall verboten, da hierdurch Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten verletzt werden. Bei Zuwiderhandlungen drohen dem Vorgesetzten gar strafrechtliche Konsequenzen. Um das Risiko des Mitlesens durch den Arbeitgeber auszuschließen, sollten Beschäftigte ihre privaten Mails auch als solche kennzeichnen. Zumeist werden gelegentliche private E-Mails in betrieblichen E-Mail-Konten zwar geduldet, werden diese allerdings regelmäßig für private Zwecke genutzt, kann dies zu Abmahnungen oder sogar Kündigungen führen.
Sonderfall erlaubte Privatnutzung
Wenn der Arbeitgeber die private Nutzung betrieblicher E-Mail-Konten ausdrücklich erlaubt, ändert sich die Rechtslage dagegen grundlegend: In diesem Fall werden Arbeitgeber mit Telekommunikationsanbietern gleichgestellt und es gilt für sie das Fernmeldegeheimnis. In der Praxis heißt das, dass Arbeitgeber weder private noch betriebliche E-Mails lesen dürfen. Ausnahmen können nur gemacht werden, wenn ein konkreter Verdacht auf Vertragsverletzung oder strafbare Handlungen besteht.
Die eben beschriebene Rechtsauffassung, dass Arbeitgeber durch die Erlaubnis der Privatnutzung automatisch zu „Telekommunikationsanbietern“ werden, befindet sich jedoch im Wandel: Die Anwendung des Fernmeldegeheimnisses, die von den Datenschutzbehörde immer noch gefördert wird, wurde bereits von mehreren Gerichten abgelehnt. Was allerdings noch fehlt, ist eine höchstrichterliche Entscheidung.
Geduldete Privatnutzung
Auch wenn der Arbeitgeber die Privatnutzung betrieblicher E-Mail-Konten untersagt hat, kann es rechtlich dazu kommen, dass diese als erlaubt angesehen wird. Wenn die Privatnutzung vom Arbeitgeber über einen längeren Zeitraum nicht kontrolliert wird, gilt sie als geduldet. Die Duldung entspricht dann einer Genehmigung.
Klare Regelungen mit ausdrücklichem Verbot der Privatnutzung
Wenn betriebliche E-Mail-Konten für private Zwecke genutzt werden, ergeben sich diverse datenschutzrechtliche Problematiken. Daher sollte die Privatnutzung ausdrücklich verboten und gelegentlich kontrolliert werden. So wird rechtssicher verhindert, dass für die Organisation als Arbeitgeberin das Fernmeldegeheimnis gilt. Alternativ können private E-Mails über Webmail-Portale oder private Smartphones erledigt werden, ohne dass für Beschäftigte und Arbeitgeber die Gefahr des Mitlesens besteht.